von Eric Horster als Gastblogger - 27. Juni 2011
Die Zukunft der Bewertungsportale
Stiftung Warentest stellte im vergangenen Jahr zudem fest, dass lediglich zwei von 13 falschen Einträgen durch die getesteten Bewertungsportale erkannt wurden. Die Anonymität der Bewertungen ist somit für alle Beteiligten unbefriedigend.
Das Hotel kann sich gegen falsche Einträge nicht wehren, da diese nicht realen Personen zugeordnet werden können. Aus Kundensicht kann den Bewertungen zunehmend weniger getraut werden, da sich Berichte über falsche Bewertungen mehren. Das Bewertungsportal selbst hat schließlich nur begrenzte Möglichkeiten, falsche Einträge zu vermeiden. Die Reputation der Bewertungen leidet – zum Schaden aller Akteure.
Bewertungen müssten also in einen kontextuellen Sinnzusammenhang gebracht werden. Wenn ein Hotel schlecht bewertet wurde, dann bedeutet dies noch lange nicht, dass dies alle so empfinden. Denn es werden individuell ganz unterschiedliche Präferenzen belegt. Es ist also wichtig, dass man die Bewertung dem Autor zuordnen kann. Dies leisten konventionelle Bewertungsportale bisher nicht - was zunehmend zum Problem der Portalbetreiber wird. Denn je unglaubwürdiger die Einträge erscheinen, desto geringer ist auch die Relevanz des jeweiligen Portals. Und ohne eindeutige Zuweisung, wer was geschrieben hat, leidet die Seriosität.
Interessant sind in diesem Kontext die Versuche von TripFriends und Gogobot. Bei Gogobot ist das Ziel, einen virtuellen Freunde-Urlaubs-Reiseführer zu entwickeln. Gogobot ist als Reise-Community gedacht, in der Freunde Bewertungen über Reiseziele eintragen können. So ist die Information zu einer bestimmten Destination direkt mit einer Person aus dem jeweiligen sozialen Netzwerk verknüpft. Es wird daher möglich, die Information der Person in einen sozialen Kontext zu integrieren. Man kann als Leser also bewerten, ob die jeweilige Kritik für einen selbst relevant ist, oder eben nicht.
Die Frage ist aber, ob es genügend Orte und Mitglieder geben wird, so dass in der jeweiligen Destination Empfehlungen von Freunden gefunden werden können. Um dies zu unterstützen, erlaubt Gogobot die Verbindung zu Check-In Diensten wie Foursquare und Facebook-Places. Bei diesen Diensten ist es möglich, seinen Aufenthaltsort im Internet bekannt zu geben. Bisher waren diese Check-In Dienste umstritten, da der Sinn (außer seinen Freunden mitzuteilen, wo man sich gerade befindet) nicht wirklich greifbar war. Durch die Integration von Gogobot werden diese Dienste zu Reiseführern für Freunde.
Einen richtungweisenden Schritt geht in diesem Zusammenhang auch Holidaycheck mit seiner neuen App. Bewertungen können durch die Quick-Check-Funktion direkt aus dem Hotel heraus gegeben werden. Die Lokalisierung der Person erfolgt dabei automatisch. Praktisch für den Anwender und gleichzeitig eine effektive Maßnahme, um falschen Bewertungen entgegen zu wirken. Denn hierdurch ist sichergestellt, dass sich die entsprechende Person auch tatsächlich im Hotel aufhält. Ein weiterer Effekt der Quick-Checks ist, dass Lob und Tadel nicht mehr zeit verzögert berichtet werden, sondern direkt und situativ. Diese ad hoc Bewertungen können dazu führen, dass zum einen mehr bewertet wird und zum anderen detaillierter. Auf Hotelseite bedeutet dies, dass das Monitoring von Bewertungen permanent betrieben werden muss, um sofort auf Kritik eingehen zu können. Zumal die Bewertungen nicht nur bei Holidaycheck publiziert werden können, sondern gleichzeitig auch auf Facebook…
Gogobot und Holidaycheck greifen somit Schwachstellen auf und zeigen, in welche Richtung sich Bewertungsportale in Zukunft entwickeln könnten. Dennoch bin ich skeptisch, ob sich diese Ansätze durchsetzen werden. Bei Gogobot aufgrund der Tatsache, dass der Erfolg des Dienstes von einer starken Community abhängig ist und bei Holidaycheck aufgrund der (noch) hohen Roaminggebühren.
Was meint Ihr, wie werden sich Bewertungsportale entwickeln? Sind die bisherigen Konzepte noch zukunftsfähig? Kennt Ihr weitere Ansätze?
Eric Horster
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7 comments
[…] meinem Gastbeitrag bei ideas4hotels habe ich mich bereits mit dem Thema gefälschte Bewertungen auseinandergesetzt. Dabei ging es mir […]
[…] Artikel wurde erstmalig am 27. Juni 2011 als Gastbeitrag bei ideas4hotels […]
Das Ringen der Bewertungsportale um immer mehr Bewertungen wird intensiver – hoffen wir, dass die Bestrebungen am Ende tatsächlich in einen qualitativen Wettbewerb münden werden. Quantität droht die Oberhand über die Qualität der Bewertungen zu gewinnen. Ob aber die GPS- oder WLAN-Lokalisierung der Dateneingabe ein Qualitätsmerkmal sein wird? Auch finde ich , dass eine “Cool-down-Phase” vor der Bewertung im Interesse aller Beteiligten sehr viel Sinn macht. Bewertungen durch Gäste, die den Gesamteindruck eines Hotelaufenthaltes gar nicht mehr abwarten, verzerren auch das tatsächliche Leistungsabbild – nach oben oder unten.
Herr Luthe,
da gebe ich Ihnen völlig Recht. Vor Ort zu Bewertungen kann nach meiner Meinung zu starken Tendenzen führen. Man ärgert sich und bewertet gleich, ohne dem Hotel den Grund des Ärgers mitzuteilen. Somit hat das Hotel nicht die Möglichkeit zu reagieren und die schlechte Bewertung ist erst einmal online.
Ebenso kann das natürlich mit einem zu schnellen Lob passieren. Aber das würde das Hotel ja nicht stören :-).
Ich denke schon, dass die Lokalisierung ein effektives Mittel zur Bestimmung der Richtigkeit einer Bewertung sein kann. Natürlich kann man (wenn man will) sich neben das Hotel stellen und eine falsche Bewertung schreiben. Aber der Aufwand wird doch erheblich größer.
Ob die Qualität der Bewertungen durch ad hoc Meldungen sinkt oder steigt, darüber lässt sich streiten. Ich denke eher, dass sie steigen wird. Und dass die Reaktion des Hotels dann auch geteilt wird. Dennoch finde ich den Hinweis wichtig, das Portale sich überlegen müssen, wie sie mehr Qualität in die Bewertungen bekommen, damit die Informationsflut für den Informations-Konsumenten nicht zu groß wird. Oder aber, wie sich effektive Filter einbauen lassen (wird ja teilweise schon gemacht).
Die Frage nach gefälschten Bewertungen taucht ja immer wieder auf. Aber wenn es darum geht, dass die Konkurrenz dem Hotel schaden will, nützt es auch nichts, dass der Gast lokalisiert wird. Der Mitbewerber braucht ja sich ja nur im Umkreis des Hotels zu befinden und kann dann munter schreiben.
Das es „möglich“ ist, Bewertungen zu fälschen (Test von Stiftung Warentest) bedeutet nicht, dass dieses in großem Umfang betrieben wird. Auch wenn im Fernsehen immer wieder Mister X auftaucht und dieses behauptet. Auch ein Mister X schafft es nicht, ein Hotel dauerhaft in allen Portalen zu pushen.
Die Art, wie Gogobot (danke für den Tipp) das macht, könnte ein Weg sein, aber da muss sich die Masse finden, damit man da auch ein vernünftiges Bild bekommt.
Übrigens kam die erste Meldung von Erpressungsversuchen von einer Hotelkette, die nicht auf Holidaycheck gelistet werden will und behauptet, dass 50% aller Bewertungen gefälscht ist.
Ich denke, dass das nur in einem sehr geringen Maße vorkommt und das hier wie immer viel Rauch um nichts gemacht wird.
Nur wenige Hotels betrügen, nur wenige Gäste erpressen und trotzdem werden diese Fälle aufgebauscht, ohne das jemals etwas belegt werden konnte. Oder kennt irgendwer ein Hotel, dass im großen Stil Bewertungen gefälscht hat?
Wenn die Presse und das Fernsehen nicht immer so ein Gewese machen würde und nicht immer die „Möglichkeit“ des Betruges anprangern würde, dann müssten wir uns hier nicht über die Glaubwürdigkeit unterhalten.
Alles hat seine Vor- und Nachteile und überall gibt es böse Menschen, aber das Netz hat sich bisher fast überall selbst reguliert.
Wie hoch ist der Prozentsatz der falschen Bewertungen? Weiß wahrscheinlich keiner so genau, aber ich denke, es sind nicht mehr als 10%. Vielleicht sollten wir uns mehr um die 90% echte Bewertungen kümmern :-).
Das Problem bei den falschen Einträgen ist tatsächlich nicht, dass es in großem Stil betrieben wird. Was ich von Hoteliers hier in Bremen höre, arbeiten diese sehr seriös. Wenn ein Mitarbeiter eine eigene Bewertung schreibt, so ist dies häufig ein Kündigungsgrund.
Es ist (wie von Dir ja auch geschrieben) das Problem der öffentlichen Wahrnehmung. Und: Für die Presse ist sowas natürlich immer eine Story. Das ändert leider aber nichts daran, dass man sich nun um Alternativen bemühen muss. Denn die Glaubwürdigkeit ist das Kapital der Bewertungsportale. Wenn diese (warum auch immer) beschädigt wird, so muss man sich um Alternativen Gedanken machen.
Zusätzlich bieten die vorgestellten Funktionen (Gogobot + Holidaycheck App) ja auch den Vorteil, dass ich mich mit Freunden austauschen kann (Vorteil: Sozialer Kontext) und mich nicht mehr mit fremden Bewertungen auseinandersetzen muss…